Kranksein und Tod

Der zweite große und selbsternannte Feind des Menschen ist der Tod, den man ebenfalls versucht zu besiegen. Diese Beschäftigung  verhindert offensichtlich, dass  man *das leben* näher kennenlernt. Denn über die Betrachtung einiger Auswirkungen des Lebens ist man bisher noch nicht hinausgekommen. Das Leben selbst als eigenständige Qualität ist jenen professionellen  Kreisen noch relativ unbekannt. Das ist auch deshalb auch nicht sehr erstaunlich, wenn man bedenkt, dass  die Medizin von Anbeginn bis heute an Leichen lernt – und somit wohl mehr die Wissenschaft vom toten als vom lebenden Menschen ist.  Hier waltet dasselbe Urgesetzt wie im Schicksalsverlauf eines jeden Menschen. Man wird gezwungen, sich immer mit dem besonders intensiv zu beschäftigen, dem man widerstrebt.

aus: Schicksal als Chance von Thorwald Dethlefsen