Schweige, verbirg dich

und halte deine Gefuehle und Traeume geheim,
lass sie in der Tiefe deiner Seele
lautlos auf- und untergehen
wie Sterne in der Nacht;
erfreue dich an ihnen – und schweige.

Wie soll das Herz sich offenbaren?
Wie soll ein anderer dich verstehen?
Begreift er, wodurch du lebst?
Ein ausgesprochener Gedanke ist eine Luege.
Wenn du die Quellen aufwuehlst, truebst du sie;
zehre von ihnen – und schweige.

Verstehe, nur in dir selbst zu leben:
es gibt in deiner Seele eine ganze Welt
geheimnisvoll –  zauberhafter Gedanken;
sie betaeubt der aeussere Laerm,
die Strahlen des Tages vertreiben sie;
lausche ihrem Gesang – und schweige!…

Fjodor Tjutchev 1830
Deutsch von Rudolf Pollach

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